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Im Kleinen und Ganzen

Menschen suchen in der Kunst Größe: das große Format, das große Gefühl, den großen Künstler, die große Künstlerin, die große Ausstellung, die bedeutende Galerie, das noch nie Dagewesene.

Ich male Bilder so, wie ich Suppe koche. Da gibt es keinen Unterschied. Nicht den winzigsten. Nicht den allerkleinsten. Beides lebt von einem identischen Vorgehen und von derselben Freude am Tun. Sie werden das leugnen, ich weiß, dass Sie das tun werden. Doch Suppe kochen, auch Gärten pflanzen, Bilder malen und lieben haben mehr miteinander zu tun als jeder sagt und denkt. Um Sie vollends zu verwirren, würde ich noch weiter gehen: Die Suppe kocht sich von selbst und das Bild malt sich auch von selbst, wenn ich es nur zulasse und das grundständige Vertrauen in die Dinge habe, die sich tun lassen wollen. Zufällig durch mich. Es ist ein Akt des Vertrauens und des Liebens. Und glauben Sie bloß nicht, dass ich dabei wichtig bin. 

Es beginnt bei der Auswahl des Gemüses und der Farben, dem Schneiden und Verrühren der Zutaten, dem sanften Köcheln oder dem scharfen Anbraten, dem Kosten, Abschmecken und Verfeinern. All das ist freudvoll. Ein bisschen Erfahrung ist vielleicht nicht verkehrt, doch zu viel davon steht dem Eigentlichen im Weg. Jeder Moment ist frisch und neu.

Nun haben Sie als Betrachterin oder Betrachter leider das Eigentliche verpasst, doch das macht nichts und mit ein bisschen Glück, für Sie wie für mich, schmeckt Ihnen meine Suppe und enthält als nahrhafte Speise als jenes, was uns stärkt und verbindet, mich beim Machen und Sie beim Betrachten.

 

“In Licht getaucht”
Tusche, Tempera, 21,3 x 27,2 cm 
2023